Der KONTRABASS als
Soloinstrument - sieht man von seiner Glanzzeit während
der Wiener Schule im 18. Jahrhundert ab - ist von den Komponisten
eigentlich immer sehr stiefmütterlich behandelt worden.
Obwohl der Orchesterapparat der Hochromantik immer größere
Dimensionen bekam, lehnte es noch 1843 Hector Berlioz in
seiner berühmten Instrumentationslehre ab, für
dieses Instrument schnelle Läufe zu notieren und befürchtete
ein "summendes Chaos seltsamer Geräusche und hässlicher
Grunzlaute".
Auch der Vater von Johannes Brahms soll einmal geäußert
haben, "ein reiner Ton auf dem Kontrabass sei ein reiner
Zufall." Auch noch 1956 war in Kurt Pahlens Musiklexikon
der Welt zu lesen: "Als Soloinstrument hat der Kontrabass
wenig Bedeutung, da seine großen Maße weniger
Beweglichkeit des Spiels gestatten als bei anderen Instrumenten,
aber im Orchester ist er ein wahrhaft unerlässliches
Fundament des Klanges." Obwohl die romantischen Komponisten
von Wagner über Mahler (und später Richard Strauß)
längst die Leistungsfähigkeiten des Kontrabasses
über die alleinige Funktion als Stütz- und Harmonieinstrument
hinaus erkannt hatten und ihm technisch immer mehr abforderten
(die Flageolett-Griffe im "Lohengrin"-Vorspiel
galten bis dahin als undurchführbar), hatten sie keine
Neigung, ihm Soloaufgaben zu widmen. Auch in der Moderne
mit ihren hohen technischen Schwierigkeiten findet man neben
Urbanners Konzert von 1973 und Henzes "Concerto per
Contrabasso" von 1966 nur wenig an Sololiteratur.
So mutet es heute wie ein Anachronismus an, dass es die
Komponisten im 18. Jahrhundert waren, die erste Solowerke
für den Kontrabass geschrieben haben. Man könnte
meinen, sie seinen experimentierfreudiger gewesen, denn
zu dieser Zeit fand der viersaitige Kontrabass (Quartenstimmung
E,A,D,G) als Nachfolger der Großgamben erst Einzug
in die Orchester, hinreichende Erfahrung existierten mit
diesem Instrument noch nicht. Bereits 1713 hatte der Hamburger
Johann Mattheson (1681-1764), Mitarbeiter Händels den
Kontrabass "wegen seynes weit hin reichenden dicken
Klanges" als Komponist gefordert, bedauerte aber gleichzeitig
als Dirigent die Musiker, " wenn eyner diß Ungeheuer
drei bis vier Stunden unabläßlich handhaben soll".
Leopold Mozart war dem neuen Solo-Instrument ebenfalls sehr
zugetan und meinte, man könne darauf "ungemein
schöne Soli, Concerti und Trios vortragen". Auch
Joseph Haydn soll sich mit Solokompositionen für Kontrabass
befasst haben, die Fragmente sind aber in den Archiven verschollen.
Zu Zeiten von Wolfgang Amadeus Mozart aber muss ein wahres
Kontrabassfieber ausgebrochen sein: Es wird überliefert,
es habe an die dreißig Konzerte gegeben, die aber
alle wieder in Vergessenheit geraten sind.
Der erste reisende Kontrabass-Virtuose
großen Stils war der 1763 in Venedig geborene Domenico
Dragonetti, der als der Paganini des Kontrabasses galt.
Von kleiner Statur, musste er auf einem Fußbänkchen
stehend spielen; sogar Violinsonaten (!) meisterte er auf
seinem Instrument, nachdem er es über zwei Stühle
gelegt hatte. Dragonetti war ein Pionier des solistischen
Kontrabassspielens, der auf weltweiten Konzertreisen für
das Instrument warb. Sogar Beethoven konnte er 1799 in Wien
von dessen Leistungsfähigkeit nachhaltig überzeugen,
was einen Niederschlag in der späteren, dynamisch neugestalteten
Kontrabassführung Beethovens gefunden haben dürfte.
Mit seinem "Andante und Rondo" konnte Dragonetti
die damals noch landläufige Meinung vom unsauber klingenden
und grunzenden Kontrabass eindeutig widerlegen. Bei allen
vertrackten Schwierigkeiten der Komposition wird hier der
Bass zum Melodieinstrument mit weicher Kantilene, die den
Vergleich mit dem Cello nicht zu scheuen braucht, und er
beweist, dass Dragonetti mehr als nur ein Virtuose war.
Der "Modernste" in diesem Dreigestirn (zu dem
eigentlich noch Johann Mathias Sperger gehört) war
der Italiener Giovanni Bottesini. Wie kein zweiter hat sich
dieser Komponist, Konservatoriumsdirektor, Virtuose und
Dirigent (er leitete die Uraufführung von Verdis "Aida")
der Spezifik des Kontrabasses gewidmet. Es verwundert kaum,
dass gerade Bottesinis Werke von den Solobassisten am meisten
geschätzt werden. Sein h-moll-Konzert zeugt von großem
musikalischen Einfallsreichtum und einer Brillanz, die ohne
"Vernarrtheit ins Material" (Adorno) bei hohem
technischen Anspruch dem Spieler eine große Skala
an Ausdrucksmöglichkeiten bietet. |
Wolfgang Ophoven
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...Für alle Musiker eines Opernorchesters
ist die Grundvergütung bei gleichem Dienstalter gleich.
Darauf freilich baut sich eine Gehaltshierarchie mit einem
dreistufigen Zulagensystem auf. Zusätzlich zur Grundvergütung
erhalten die höchste Zulage (Stufe 1) sämtliche
Solisten der Streicher, Bläser sowie von Pauke und
Harfe. Die finanziell darunter liegende Zulage (Stufe 2)
bekommen die Stellvertreter der Solisten, während die
niedrigste (Stufe 3) an die stellvertretenden Solisten einiger
Streichergruppen geht. Alle Musiker, die nicht solistisch
tätig sind, die Tuttisten, erhalten ausschließlich
die Grundvergütung.
Um auch die finanziellen Differenzen zwischen dem Gehalt
eines Tuttisten und dem eines mit Zulagen versehenen Musikers
klarzumachen, folgende Zahlen: Ein Solist verdient monatlich
rund öS 5600,--mehr als ein Tuttist, beim stellvertretenden
Solisten reduziert sich der Betrag auf öS 2500,--,
und in der Stufe 3 beträgt er nur noch rund 1500 Schilling.
Doch sind die Gehaltsdifferenzen zwischen
Solisten und Tuttisten damit keineswegs hinreichend beschrieben.
Denn Solisten sind nicht selten in anderen Orchestern zusätzlich
verpflichtet, wo sie wiederum höhere Gehälter
beziehen als ihre tuttistisch tätigen Kollegen. Denn
diese erhalten auch bei den musikalischen Gelegenheits-geschäften
nur die finanziell weniger attraktiven Angebote. Zwischen
einem geschäftstüchtigen Solisten und seinem Tutti-Kollegen
besteht eine Gehaltsdifferenz von mehreren zehntausend Schilling.
Betrachtet man ein Opernorchester zunächst als ein
Kollektiv, das aus den beiden großen Gruppen der Streicher
und Bläser besteht, dann lässt sich leicht zeigen,
dass der prozentuale Anteil von Bläsern unter den Musikern,
die Zulagen erhalten, weitaus größer ist als
bei den Streichern. Das liegt an der quantitativen Besetzung
der beiden Instrumentengruppen, sowie ihren Aufgaben im
Orchester. Während die Bläsergruppen meist mit
fünf oder sechs Musikern, die dasselbe Instrument spielen,
besetzt sind, ist die Zahl bei den Streichern weitaus höher;
sie bewegt sich zwischen zwanzig bei den ersten Geigen und
neun bei den Kontrabässen. Die Instrumente innerhalb
der einzelnen Streichergruppen wiederum spielen stets dieselbe
Stimme, wenn nicht ausnahmsweise der Stimmführer der
Gruppe ein Solo aufzuführen hat.
Bei den Bläsern hingegen verfügt auch innerhalb
einer Instrumentengruppe jedes Instrument über eine
eigene Stimme, so dass man generalisierend sagen kann, dass
Bläser in weitaus größerem Umfang solistisch
tätig sind als Streicher.
Zusammenfassend kann man sagen, dass ein großes Opernorchester
eine Gehalts- und Arbeitszeithierarchie mit fünf Ebenen
aufweist. An der Spitze stehen der Konzertmeister, Solocellist
und Solobratscher, die über freie Verträge verfügen.
Danach beginnt das vierstufige Tarifvertragssystem. Das
höchste Gehalt haben die Solisten, gefolgt von ihren
Stellvertretern, hinter denen die Vorspieler stehen. Das
Ende der Gehaltshierarchie wird von den Tuttisten gebildet,
die 48 Prozent der Orchestermusiker ausmachen. Wer am meisten
mit dem höchsten Grad an repetitiver Arbeit tätig
ist, muss für das geringste Gehalt am längsten
arbeiten - eine Situation, die der in Industrie und Verwaltung
vergleichbar ist.
Untersucht man nun jenseits der Kollektivvertrages die Sozialstruktur
eines Opernorchesters unter dem Aspekt des sozialen Status
einzelner Musikinstrumente, dann erweist sich die Unterscheidung
in Bläser und Streicher als zu grobmaschig. Denn beide
Instrumentengruppen zerfallen noch einmal in eine Reihe
von Untergruppen, die nicht weniger Ursache für soziale
Auseinandersetzungen sein können. ... |
Franz Altenberger
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