Suche nach dem biographischen Moment









1997
Foto groß
BRUCHSTÜCKE I, II
von
Samuel Beckett
ERSTAUFFÜHRUNG

Fotos

 

..."Sie sind es also, die mich als den Scharlatan entlarven will, der ich bin", sagte Beckett so beiläufig, als machte er eine Bemerkung über das schlechte Wetter draußen. Ich hatte damals keine Ahnung, was er meinte, später jedoch begriff ich, daß er auf die starke biographische Untermauerung eines Großteils seiner Arbeiten anspielte ....
Deidre Bair

 

"Mein Werk ist das Ergebnis von Urlauten, die ich kraftvoll von mir gegeben habe, nur dafür fühle ich mich verantwortlich."

S. Beckett a.a.O

 

...Er befand sich gerade in seinem Zimmer, im vierten oder fünften Stockwerk, von wo aus er sich schon manches Mal in aller Ruhe aus dem Fenster hätte stürzen können, wenn er mehr Charakter gehabt hätte.
aus: Malone stirbt S. Beckett

 

(...)
Diese erste Phase, die Bettphase, wurde durch die Entwicklung der Beziehungen zwischen Macmann und seiner Wärterin gekennzeichnet. Allmählich entstand zwischen ihnen eine Art Intimität, die sie in einem gewissen Augenblick dazu führte, zusammen zu schlafen und sich, so gut sie konnten, zu paaren. Denn in ihrem Alter und bei ihrer geringen Erfahrung auf diesem Gebiet der fleischlichen Liebe, war es normal, daß es ihnen nicht auf Anhieb gelang, den Eindruck zu erwecken, füreinander gemacht zu sein. So kam es, daß Macmann mit aller Kraft versuchte, sein Geschlecht, wie ein Kissen in einen Bezug, in das seiner Partnerin zu stecken, indem er es doppelt nahm und mit seinen Fingern hineinzwängte. Aber anstatt den Mut zu verlieren, fanden sie Gefallen am Spiel, und es gelang ihnen schließlich, trotz beiderseitiger absoluter Impotenz, ihren trockenen und schlappen Umarmungen eine Art trüber Wollust zu entlocken, unter Aufbietung aller Hilfmittel der Haut, der Schleimhäute und der Einbildungskraft, so daß Moll, die am meisten von beiden aus sich herausging (zu jener Zeit), ausrief, Hätten wir uns doch vor sechzig Jahren getroffen! Aber wieviel Umschweife, Ängste und scheue Berührungen, bis sie soweit waren! Von alledem ist nur festzuhalten, daß sie Macmann ahnen ließen, was der Ausdruck Zweisamkeit bedeutete. Er machte damals unbestreibare Fortschritte im Gebrauch der Sprache und lernte in kurzer Zeit, zur rechten Zeit die ja, nein, mehr und genug anzubringen, die die Freundschaft erhalten. Er drang bei derselben Gelegenheit in die verzauberte Welt der Lektüre ein, denn Moll schrieb ihm glühende Briefe und händigte sie ihm persönlich aus. Und die Erinnerungen an die Schule sind so unverwüstlich für diejenigen, die darin waren, daß er bald auf die Erläuterungen seiner Korrespondentin verzichten und alles alleine verstehen konnte, indem er den Bogen, so weit wie seine Arme reichten, von seinen Augen entfernt hielt. Während der Lektüre hielt Moll sich mit niedergeschlagenen Augen ein wenig abseits, indem sie sich sagte, nun ist er da...da...da, und sie verharrte in dieser Haltung, bis das Geräusch beim Hineinschieben des Bogens in den Umschlag ihr ankündigte, daß er fertig war. Sie drehte sich dann schnell nach ihm um, früh genug, um zu sehen, wie er den Brief an seine Lippen führte oder an sein Herz drückte, noch eine Erinnerung aus der Tertia. Dann gab er ihn ihr zurück, und sie legte ihn unters Kopfkissen zu den anderen, die sich schon dort befanden, chronologisch geordnet und mit Seidenband umwickelt. ...

S. Beckett "Malone stirbt"

 

"The expression that there is nothing to express, no power to express, no desire to express, together with the obligation to express."
aus "Disjecta" S. Beckett

 

"...Ich behaupte, daß Bram van Velde der erste ist, dessen Malerei des Anlasses in jeder Gestalt und Form, des ideellen wie des materiellen, beraubt oder, wenn Sie lieber wollen, entledigt ist, und der erste, dessen Hände nicht durch die Gewißheit gefesselt sind, daß Ausdrücken eine unmögliche Handlung ist."
aus " Peintres de l' Empêchement" S. Beckett 1948