TRAUMA ! Eine Theaterperformance









2011 - 2017
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TRAUMA !
EINE THEATERPERFORMANCE
ÜBER DIE FÄHIGKEITEN UND KRÄFTE DES MENSCHEN UND DIE VERRICHTUNGEN DES GEHIRNS

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Unsere Dramaturgie war während der Recherchearbeiten für “PSYCHIATRIE !“ auf Forschungsergebnisse der Traumatologie gestoßen, von der sie zuvor nicht wirklich Kenntnis gehabt hatte. Es faszinierte sie, dass diese Erkrankung jedem Gesunden - aus dem Leben heraus - widerfahren kann und dass auch von der neuen Hirnforschung bereits erhellende Erklärungsmuster vorliegen, die AUCH ins “normale Leben“ hineinspielen. Es war uns bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, dass Traumatisierung eine psychische Erkrankung ist und welch ein vielfältiges und umfassendes Gebiet sich bei näherer Beschäftigung damit, auftun würde. Die Faszination für dieses Thema ließ uns auch später nicht los. Wir hatten nämlich inzwischen erkannt, welche gesellschaftliche Wichtigkeit in diesem jungen Forschungszweig liegt, und es entstand der Gedanke, dieses neuerworbene Wissen als Kunstprojekt an die Öffentlichkeit zu bringen. (Wir hatten zuvor die Produktion "PSYCHIATRIE!" erarbeitet, die es in der Folge bis zur NESTROY-Nominierung brachte.)

Tatsächlich stieß unsere daraus entstandene Produktion "TRAUMA!" dann ebenfalls auf sehr starkes Publikumsinteresse. Diese Arbeit erzählt über Hirnforschung, Aspekte der Traumatologie, z.B. der “Posttraumatischen Belastungsstörung“, Probleme der Kommunikation, über Mut im Alltag und generell über spezielle Extremsituationen des Lebens und deren Verarbeitung. Sie ist ein entschiedener Versuch, dieses Krankheitsbild zu entstigmatisieren. Sie zeigt, dass durch die Übersetzung in ein künstlerisches Medium Realität begreifbarer werden kann.

Zwar sind seelische Verletzungen und ihre Folgen seit der Antike bekannt und werden seitdem von Literatur wie Wissenschaft als Krankheitsbild beschrieben. Trotzdem hat es bis 1980 gedauert, dass ein Resultat der umfassenden Erforschung seelischer Folgen bei Opfern militärischer, ziviler, privater Katastrophen im Regelwerk der Weltgesundheitsorganisation, ICD9, veröffentlicht werden konnte.

"Psychisches Trauma" ist zu verstehen als seelischer und/oder sogar körperlicher Abdruck, den das Erlebnis in den Hirnstrukturen der betroffenen Person hinterlassen hat. Es entsteht nicht aus körperlicher oder genetischer Prädisposition wie die "normalen" psychischen Krankheiten.
Zu einer Traumatisierung kommt es, wenn ein Ereignis die psychischen Belastungsgrenzen des Individuums übersteigt und daher nicht mehr adäquat verarbeitet werden kann. Laut Traumatherapeuten handelt es sich um “die Reaktion von normalen Menschen auf eine unnormale Situation“.

Frau T. hat Angst vor der Natur im Frühling. Frau N. berichtet, dass ein ganz bestimmtes Duftbäumchen ihr Angst macht. Was Sylvia E. behauptet, ist gelogen, ihre Großeltern und der pensionierte Richter wurden aus der Haft entlassen. Frau M. klettert monatelang über die Hinterhofmauer, weil sie das Haustor ihres Wohnhauses meiden muss. Frau A. fühlt sich schuldig, weil sie ihren Mann nicht schon früher verlassen hat. Frau Q. kann keine Jeans mehr anziehen und erträgt noch nicht einmal deren Anblick. Bruno S. stellt sich schon lange vor, seine Mitschüler und zwei Lehrer abzustechen. Frau R. fürchtet sich vor Bierdosen am Straßenrand. Katharina N. glaubt zu ersticken und hat so einen Druck auf den Augen.

“Seit man sich mit den psychischen Folgen von Traumatisierungen beschäftigt, hat es immer wieder heftige Diskussionen darum gegeben, ob Patienten mit posttraumatischen Leiden Fürsorge verdienen oder Verachtung, ob sie wirklich leiden oder nur so tun, ob ihre Geschichten wahr oder erfunden sind, und wenn sie erfunden sind, ob sie einer Einbildung entspringen oder böswillig konstruiert wurden. Die Symptome bei traumatisierten Menschen weisen auf die Existenz von Unaussprechlichem hin und lenken gleichzeitig davon ab. Durch diese Dialektik entstehen komplexe, manchmal unheimliche Bewusstseinsveränderungen.“